Es war wieder so weit! Nach der Ankündigung des letzten Jahres fand im Oktober 2018 der Bar Convent Berlin erstmals an drei Tagen statt. Benny und ich haben die Messe an allen Tagen besucht, sind abends in unterschiedlichsten Konstellationen durch die Stadt gezogen und haben tolle Erlebnisse mitgebracht. Fazit: Es hat sich gelohnt – aus vielfältigen Gründen.
Im Gegensatz zur Barwoche 2017 haben wir dieses Jahr auf das Rumfest verzichtet. Der Mehrwert, nach einer sowieso anstrengenden Woche zwei weitere Tage in der Stadt zu bleiben, war nach den Erlebnissen letztes Jahr überschaubar. Was habe ich dafür zu berichten?
Sonntag
- Anreise aus Hannover von Benny und mir. Am Vorabend fand ein Abstecher in die Landeshauptstadt von Niedersachsen statt, um mit dem dort wohnenden Steve eine Bartour zu starten. Mangels Bars war dies von gewissen Problemen begleitet.
- Bestückung der Loft-Bar. Sehr optimistische Planung aufgrund von letztendlich nur vier(!) anwesenden Personen.
- Kein Mixology Market dieses Jahr. Mussten wir feststellen, nachdem wir mit Leihfahrrädern Berlin auf völlig neuen Wegen erkundet haben. Etwas unverständlich, warum ohne Kommunikation dieses doch recht gut besuchte Event gestrichen wurde. Vermutlich zu kostspielig.
- Abstecher ins Immertreu, dort so ziemlich jede bekannte und unbekannte Größe der Barwelt getroffen.
- Mezcal-Party im Tentacion mit Axel Huhn. Liebevoll und authentisch eingerichtete Cantina, das Highlight des Abends!
Montag
- Champagnerfrühstück und entspannte Ankunft beim BCB. Unser Plan, erst einmal durch die Hallen zu schlendern ging zwei Minuten gut; dann hatten wir Tequila von San Matias in der Hand. Zum Mixen besonders spannend: Pueblo Viejo 104 – bei 52 % Vol. abgefüllt.
- Maraschinolikör von Schladerer. Deutlicher Unterschied zu Luxardo, sanfter und fruchtbetonter. Bringt damit völlig andere Noten in Cocktails, könnte aber gut einsetzbar sein.
- Freimeisterkollektiv. Die Truppe ist super gestartet und bringt jedes Jahr neue, innovative Produkte. Ganz frisch zum BCB der Mezcal in Zusammenarbeit mit Los Danzantes. 55 % Vol. Kaufen!
- Bayou-Rum. Sind nicht sehr im Gedächtnis geblieben.
- Mezcal, Mezcal, Mezcal: Es gilt für alle Tage, gefühlt sind viele Mezcal-Aussteller auf der Messe dabei. Bei der Flut an getrunkenen Agavenbränden nenne ich einfach nur ein paar Highlights.
- Sonderabfüllung vom Espiritu Lauro.
- Chips von Fox Italia. Sehr vielfältige und schmackhafte Sorten, äußerst sympathisch am Stand empfangen worden. War leider etwas versteckt in der Halle.
- Flor del Desierto Sotol: Abermals! Letztes Jahr noch ohne Importeur, inzwischen aber mit Vertrieb über Mayahuel.
- Ms. Better’s Bitters. Neben Mezcal scheint auch jeder seine eigenen Bitters auf den Markt zu bringen. Hier gelungene neue Produkte.
- Laird’s. Mit Lisa Laird am Stand! Ein tolles Gefühl jemand aus der 9. Generation der ältesten Destillerie der USA persönlich die Hand zu reichen. Wir kamen natürlich sofort über Apfelbrände ins Gespräch. Neueste Information: Laird’s Bottled in Bond kommt zurück! Die Kapazitäten zur Produktion sind wieder vorhanden. Außerdem wird die Lücke im Sortiment zwischen dem nur aus 30 % Apfelbrand bestehenden Applejack und dem BiB geschlossen – ein neues Produkt, bestehend aus 100 % Apfelbrand und bei 43 % vol. in den Handel gebracht. Das Produkt selbst ist in Ordnung, bei guter Verfügbarkeit würde ich aber natürlich jederzeit den BiB oder einen Calvados vorziehen.
- Elephant Sloe Gin. Fein abgestimmtes Produkt.
- Don Papa: Zugegebenermaßen, über die Standardqualitäten brauchen wir nicht reden. Aber es gab höherprozentige Abfüllungen, die sehr solide gestaltet waren.
- Suze: Der Racine de Suze war im Gepäck. Mehr Volumenprozent (36 % vol.!), weniger Süße. Das möchte ich auch hier in Deutschland!
- Fassgereifte Clairins: Den kleinen Hype konnte ich nicht ganz nachvollziehen. Mir ging durch das Holz zu viel verloren, die ungereiften gefallen mir wesentlich besser.
- Hampden und Velier: Die ersten eigenen Hampden-Abfüllungen machen alles richtig. Besonders der OP mit 60 % vol. macht Spaß. Die Veliers … wie letztes Jahr, überzeugen auf voller Linie.
- Nach Ende des ersten Messetages ging es über einen Abstecher bei der Borco-Party in der Torbar im Säälchen bei Bombay Sapphire weiter.
- Das Ende fand der Tag dann bei Mr. Susan. Zum BCB sind Bars immer etwas schwierig zu beurteilen, hier kommen wir definitiv für einen zweiten Eindruck zurück.
Dienstag
- Überraschung! Champagnerfrühstück im Loft 🙂
- Abstecher in „die Lofts“ auf dem BCB, dort hat sich Beam Suntory mit seinen Marken kreativ ausgelassen. Sipsmith hatte eine schöne Sonderabfüllung dabei und Maker’s Mark konnte in Fassstärke probiert werden.
- Weiter im Kühlhaus, seit letztem Jahr Location von Diageo mit all seinen Marken. Keine spannenden Neuentdeckungen, dafür schöne Konzepte zu den fünf Sinnen.
- Schon wesentlich interessanter: Gezüchtete Kräuter in Schränken von infarm.
- Abstecher in ein kleines Rumtasting.
- Mezcal und Tequila von Don Amado bzw. Del Tequila. Definitiv einer der besseren Agavenaussteller. Spannend beim Tequila: Aufgrund der Überzeugung, dass in unterschiedlichen Höhenlagen unterschiedlich gut Tequila reift, vereint die Marke Brände unterschiedlicher Hersteller für die einzelnen Qualitäten.
- Vielleicht das Highlight des BCBs: Granada-Vallet. Ein Bitterlikör wie Campari, aber mit 40 % vol., weniger Zucker und gefärbt mit Karmin von echten Schildläusen.
- Deutsche Spirituosen Manufaktur. Ein klein wenig Ähnlichkeit zur Stählemühle ist schon erkennbar, die D-S-M brennt alles, was sie in die Hände bekommt. Bei einigen Produkten weiß man gar nicht, was man erwarten soll (Deutsche Tagetes), andere sind einfach nur hochkonzentriert (Bärlauch). Spannendes Sortiment und auch in kleineren Mengen (bzw. mit Sprühkopf) erhältlich, es bietet sich etwa ein Parfümieren beim Einsatz in der Küche an.
- Hendrick’s Orbium und Cynar 70 am Campari-Stand. Ersterer ist mehr etwas Besonderes, weil es der erste Ableger von Hendrick’s ist. Letzteres wäre auch für Deutschland ein tolles Produkt, welches jedoch nur einigen Bars zugestanden wird. Italien ist ansonsten Bezugsquelle.
- Plantation Xaymaca. Ein faires Produkt, wobei ich mir etwas mehr Wucht dahinter versprochen hätte.
- Das Manifest der Freien Korn Kultur im Schrebergarten! Vier Kornbrennereien haben sich zur FKK zusammengeschlossen und der uns wohlbekannte Björn Bochinski hat mit seinen Kollegen zur rustikalen Gründungsfeier direkt nach dem zweiten Messetag in der angrenzenden Schrebergartenkolonie eingeladen.
- Zweiter Abstecher zu Tentacion. Am Taco-Dienstag mussten wir schließlich erneut auf Mezcal und die namensgebenden Speisen vorbeischauen.
- Nachdem die Goldfisch Bar etwas überlaufen war, weiter ins Timber Doodle. Und keine Sekunde bereut. Eine bezaubernde Gastgeberin und kreative Cocktails im sehr stimmigen Setting serviert. So stelle ich mir eine klassisch eingerichtete Bar vor.
- Absacker in der Bar Zentral, danach wieder in unser Loft.
Mittwoch
- Eine noch größere Überraschung! Kein Champagnerfrühstück 🙁 Schlechte Planung …
- Deutlich später zum BCB gestartet und bei Noilly Prat mit einer Auster gestärkt.
- Edicion A und B von Havana Club, speziell von und für Bartender gestaltete Rums. A ist ein etwas komplexerer Rum für Daiquiris u.ä., B hat ein Islay-Finish.
- Lillet Grande Reserve. Bald ausverkauft und den Preis zugegebenermaßen nicht wert, aber ein prinzipiell ein schönes Produkt.
- Bacardi Cuatro. Lassen wir das.
- Angostura-Range. Den 1787 ist tatsächlich ganz in Ordnung, unterhaltsam war in erster Linie der Bartender. Der Amaro konnte mich überzeugen.
- Noch mehr Bitters, diesmal von The Seventh Sense. Ginger und Schokolade sind gut getroffen.
- Genever-Tasting mit Philip Duff – inklusive seinem eigenem Genever. Ich mag den Mann und seine Leidenschaft für Genever einfach. Einige sehr rare Flaschen probiert.
- Ein bisschen Fleisch im Filetstück verspeist.
- Ein Muss beim Berlinbesuch: Die Bryk Bar mit Cordula Langer. Jetzt umgezogen, die Räume gefielen uns auf den ersten Blick früher etwas besser. Das tut den Cocktails zum Glück keinen Abbruch.
- Seit letztem Jahr ebenso ein Pflichtbesuch: Die Perle Bar direkt gegenüber. Katja vereint Gastgeberqualitäten durch und durch. Und das ohne viel Aufhebens mit Gastschichten, Sonderkarten für den BCB oder Wettbewerben. Einfach nur entspannte und gute Cocktails.
- Es wurde fatal – und überragend gut: Das Immertreu bis morgens um 6:30 muss man mal erlebt haben. Großes Kino!
Donnerstag
- Überhasteter Aufbruch aus unserem Loft …
- … und kleine Shoppingtour bei Barstuff. Auch so eine Tradition.
- Späte Rückreise. 😉
Die Luft am dritten Tag war etwas raus, jedoch hat genau diese entspannte Atmosphäre dafür gesorgt, dass nie die Gefahr bestand, etwas nicht sehen zu können. Die drei Tage tun der Messe definitiv gut, zumindest als Besucher. Man konnte immer ganze entspannt auch längere Gespräche führen und jeden Stand besuchen. Ob andererseits teilweise recht leere Stände für Aussteller lohnenswert sind, wird sich zeigen müssen. Dieses Jahr haben sich Größen wie Hendrick’s gar nicht mit einem eigenen Stand angekündigt.
Schlusswort: Jedes Jahr verlasse ich Berlin mit gemischten Gefühlen – es gibt nicht die große Überraschung, das überragende neue Produkt, die aufregende Empfehlung. Mich zieht jedes Jahr die Mischung aus verschiedensten Dingen in die Hauptstadt. Umwerfende Menschen, spannende Produkte, die es vielleicht mal auf dem heimischen Markt geben wird und mal nicht, unterhaltsame Gespräche und völlig verrückte Nächte. Bis 2019!
„Es wurde fatal…“
Nettes Fazit 😉
Ich fand die fassgereiften Clairins auch absolut nicht dem Hype gerecht. Dafür hab ich den Plantation Fiji für mich entdeckt.
Insgesamt recht fragmentarisch gehalten, aber spiegelt damit ganz gut so einen BCB Besuch wieder. Es fehlt nur noch ein Abschnitt über die Biere und Mezcals dort, da gabs auch spannenden Stoff.