Kurz und schmerzlos – seit langer Zeit ein neuer Eintrag. Prioritäten und zeitliche Restriktionen ändern sich nun einmal stetig. 😉
Es ist Sommer, zum Essen wird es gleich einen Riesling geben. Diesen kann man sicherlich auch in einem interessanten Cocktail hinter der Bar einsetzen? Der Blick durch die einschlägige Literatur ernüchtert schnell, selten wird nach Weißwein verlangt, noch seltener nach Riesling. Und wenn, dann sind es eindimensionale Abwandlungen von einem Spritz. Andererseits war Riesling zur vorletzten Jahrhundertwende weltweit bekannt und eine der kostspieligsten Rebsorten, da wird es doch Rezepte zu geben … natürlich! Unter Rhine Wine respektive Hock finden sich einige:
- Rhine Wine (Yellow Chartreuse, Grand Marnier, Brandy, Rhine Wine, Apollinaris, Orange, Zitrone, Minze) – Pioneers Of Mixing At Elite Bars, Seite 249
- Hock Cobbler (Hock, Sugar, Orange, Beeren) – Imbibe!, Seite 126
- Rhine Wine and Seltzer (Rhine Wine, Seltzer [Variante: + trockener Sherry, Zitronensaft, Gurkenscheibe]) – Esquire’s Handbook For Hosts, Seite 161
- Rheinwein und Selter (Rheinwein und Sodawasser) – Cocktails by William, Seite 135
- Rheinwein Limonade (Staubzucker, Zitronensaft, Rheinwein, Früchte) – Cocktails by William, Seite 136
- Rhine Wine Punch (Powdered Sugar, Rhine Wine, Sparkling Mineral Water, Brandy, Maraschino, Tea, Früchte) – Savoy Cocktail Book, Seite 215
- Rhine Wine Cup (Maraschino, Curacao, Sugar, Rhine Wine, Orange, Ananas, Gurkenscheibe, Minze) – Savoy Cocktail Book, Seite 220
Hock? Auch über diesen Begriff weiß das Savoy Cocktail Book Details zu berichten: Es wäre allgemein akzeptiert, dass aus dem Namen der bekannten Weinstadt „Hochheim“ im Rheingau im Englischen schlicht „Hock“ wurde – und dieser Begriff generisch für alle Rheinweine (Rheingau, Rheinhessen, [Rhein]Pfalz) genutzt wird.
Den Rhine Wine Cup und den unprätentiös „Rhine Wine“ genannten Punch könnte ich mir sofort in größeren Mengen als Erfrischung vorstellen, aber jetzt braucht es mehr Kraft! Online finden sich dann tatsächlich der Hock Martini, in enger Verwandtschaft der Schwarzendorff Martini und eine nur mosel cocktail genannte Variante. Das ist es!
Hock Martini
- 3cl wacholderbetonter Gin (Sünner Dry Gin No 260)
- 7cl trockener Riesling (Freiherr Langwerth von Simmern – Rauenthaler Baiken Kabinett trocken 2016)
- 1BL Aprikosenbrand (Fassbind Vieil Abricot)
- Zitronenzeste
Alle Zutaten auf Eis rühren und in eine vorgekühlte Cocktailschale geben. Zitronenzeste über dem Glas ausdrücken und beiseitelegen.
Knackig-klar im Glas, überrascht der Hock Martini in der Nase. Er wirkt viel würziger als er sein dürfte. Am Gaumen passiert dann doch das Erwartete. Die Säure vom Riesling umspielt gekonnt den Gin, der ganze Cocktail bleibt enorm leicht, macht wirklich Lust, ihn in wenigen Zügen zu trinken. Der Fruchtbrand sorgt für diesen Hauch an zusätzlicher Komplexität, ein wenig auf der Zunge, aber besonders im langen Nachklang. Der Gin bildet unauffällig – und das ist gut so – das Rückgrat, gibt dem Riesling noch mehr Fläche, dadurch wirkt die Martini-Variante glücklicherweise nicht zu weinig, nicht zu einfallslos.
Probiert man den Wein für sich, tritt er mit einem Schmelz auf, die Säure ist wunderbar ausbalanciert, es kommen auch hier leichte Kräuternoten zum Vorschein, aber es überwiegen Früchte wie reife Pfirsiche. Erstaunlich, wie gut sich dieses Geschmacksprofil in den Cocktail einbindet.
Ein guter Start vor dem Essen – so stelle ich mir einen Aperitif vor. Vielschichtige Aromen, die nicht zu schwer sind und genau das richtige Verlangen nach einer leckeren Speise wecken. Sicherlich in Verbindung mit einem Glas Wein und im Anschluss noch dem einem oder anderen weiteren Drink. 🙂